StadtA Rud., Bildarchiv: PK-BDd 3/10, Ottmar Zieher, 1908

Landtag Schwarzburg-Rudolstadt

Amtsgericht Rudolstadt

Seit 1870 hatte das Parlament des Thüringer Fürstentums ein liberales Wahlrecht. Der selbstbewusste Landtag leitete den Kleinstaat unter SPD-Führung friedlich durch die Wirren der Revolution von 1918. Die Republik stimmte früh dem Zusammenschluss der Thüringer Staaten zu einem neuen Land zu.


Das thüringische Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt besaß seit 1821 einen Landtag. Dieser tagte zunächst im Landschaftshaus am Markt, nach einer kurzen Zwischenstation im Gasthaus „Zum Ritter“ ab Sommer 1852 im Torhaus der Ludwigsburg. Seit 1905 fanden die Sitzungen fast immer im Nordflügel des Landgerichtsgebäudes (Obere Marktstraße 14, heute Marktstraße 54) statt. Der Landtag war zwar noch kein modernes Parlament, konnte aber schon damals eine gewisse Kontrolle über die Gesetzgebung des Landesherrn ausüben. Ohne seine Mitwirkung konnte kein Gesetz erlassen und keine Steuern festgesetzt werden. Auch das Staatsministerium - obwohl vom Landesfürsten ernannt - war ihm politisch verantwortlich. Freilich hatte der Monarch seinerseits erhebliche Einflussmöglichkeiten auf den Landtag, konnte ihn einberufen, vertagen und im Extremfall auflösen.

Mit der Wahlrechtsreform von 1870 gab sich das Fürstentum ein liberales Wahlrecht. Von den 16 Abgeordneten wurden vier von den Höchstbesteuerten des Fürstentums bestimmt, zwölf wurden in allgemeiner, direkter und geheimer Wahl von allen männlichen Untertanen über 25 Jahren gewählt. Das half der SPD, viel früher als in vielen anderen Parlamenten Vertreter zu entsenden. Seit 1902 stärkste Fraktion, erreichte sie im November 1911 sogar erstmals die absolute Mehrheit in einem deutschen Parlament. Wenige Monate später wählte der Landtag einen sozialdemokratischen Präsidenten - auch dies ein Novum in der deutschen Geschichte.

Die Novemberrevolution 1918 verlief im Lande komplett in parlamentarischen Bahnen, auch wenn sie durch den Druck der Ereignisse auf der Straße erst ermöglicht und befördert wurde. Fürst Günther Victor signalisierte in der Landtagssitzung vom 15. November seine Bereitschaft zum Rücktritt - sobald die notwendigen Übergangsregelungen, unter anderem zur finanziellen Entschädigung des Fürstenhauses, getroffen seien. Diese wurden am 21. November an gleicher Stelle beraten und beschlossen und traten nach Unterzeichnung durch den Fürsten am folgenden Tag in Kraft. Am 23. schließlich dankte der Monarch vereinbarungsgemäß für Schwarzburg-Rudolstadt ab. Die erfolgreiche Moderation des Machttransfers gipfelte in den Landtagswahlen vom 16. März 1919, bei denen erstmals auch Frauen wählen durften. Die SPD errang im nunmehr 17-köpfigen Parlament erneut die absolute Mehrheit, die linksliberale DDP wurde jedoch ebenfalls in die künftige Regierung einbezogen. Frühzeitig stimmte der Landtag dem Zusammenschluss der Thüringer Staaten zu einem neuen Land zu - der einzigen Landesneugründung der Weimarer Republik. Deren erfolgreiche Umsetzung bedeutete zugleich, dass ab Ende 1920 das Parlament von Schwarzburg-Rudolstadt nur noch als Gebietsvertretung fungierte. Es trat am 24. März 1923 zum letzten Mal zusammen.

Heute tagt das Amtsgericht Rudolstadt in dem renovierten historischen Gebäude.

In Zusammenarbeit mit: M. Bartuschka (GEDG)

Adresse

Marktstraße 54
07407 Rudolstadt