Denkmal Schwerter zu Pflugscharen
Lutherhof
Auf dem historischen Lutherhof im Zentrum der Stadt Wittenberg haben sich am späten Abend des 24. September 1983 mehr als 2.000 Menschen eingefunden. In der Mitte des Hofes steht ein Amboss, ein Feuer lodert und der Kunstschmied Stefan Nau schmiedet ein selbstgefertigtes Schwert zu einer Pflugschar um.
Die Aktion fand während des evangelischen Kirchentages statt. Keiner wusste vor dieser Nacht des 24. September 1983, was ihn erwarten würde. Ganz im Geheimen, um Störungen durch die Staatssicherheit oder gar ein Verbot durch die SED zu verhindern, war die Aktion von dem damals 39-jährigen Wittenberger Pfarrer Friedrich Schorlemmer und einer kleinen Friedensgruppe vorbereitet worden. Denn das Symbol „Schwerter zu Pflugscharen“ war zuvor von der DDR-Führung verboten worden. Neben den jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Kirchentags waren auch zahlreiche Vertreter aus Westdeutschland gekommen – unter anderem der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin und spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker, aber auch das Westfernsehen und zahlreiche Print-Journalisten aus der Bundesrepublik. Die wahrscheinlich spektakulärste Aktion der DDR-Friedensbewegung wurde dadurch schnell publik, und das Bild, das den damals 38-Jährigen Nau bei der Schmiedeaktion zeigt, ging um die Welt. Es wurde zu einem Symbol der Friedensbewegung in Ost und West.
Der Protagonist musste freilich einen hohen Preis zahlen. In den Monaten nach der Aktion auf dem Lutherhof wurden die Aufträge für seine Schmiede immer weniger, schließlich gab es gar keine mehr. Nau stand vor dem wirtschaftlichen Ruin, für den er die Staatssicherheit verantwortlich machte. Er stellte für seine Familie und sich einen Ausreiseantrag. Sein Wunsch zur Übersiedelung wurde jedoch in der DDR-Friedensbewegung als Verrat empfunden. Im Oktober 1985 durfte er mit seiner Familie die DDR verlassen.
Zum 500. Reformationsjubiläum wurde 2017 im Lutherhof das über 3 Meter hohe Erinnerungsmal an die Schmiedeaktion eingeweiht. Die Stahlplastik stellt ein Zeichen für Zivilcourage dar. Die Friedensbewegung in Ost und West war eine der wesentlichen Keimzellen für die Friedliche Revolution. Aus der Forderung nach nichtmilitärischer Konfliktlösung wurde bald der Ruf: „Keine Gewalt“, der in den Oktobernächten der Friedlichen Revolution im Herbst 1989 der SED-Herrschaft ein Ende setzte.