Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0

Ständehaus Merseburg

In Merseburg tagte von 1825 bis 1933 der Provinziallandtag der preußischen Provinz Sachsen. Im Zuge der Novemberrevolution wandelte sich der Landtag von einem ständischen zu einem demokratisch legitimierten Organ.


Die preußischen Provinziallandtage waren im 19. Jahrhundert  beileibe keine demokratischen Parlamente. Weder das Wahlrecht noch die Zusammensetzung noch die Befugnisse ermöglichten eine glaubwürdige Repräsentation des Volkes, eine legitime Gesetzgebung oder gar eine effektive Kontrolle der Regierung. Das war auch genau so geplant, sollte die Provinzialordnung Preußens doch gerade dazu dienen, der Forderung nach einer Konstitutionalisierung des Gesamtstaats das Wasser abzugraben. Dennoch zeigt die Geschichte der ständischen Vertretung, wie im Lauf der Jahre der Landtag immer selbstbewusster auftrat und sich mehr und mehr gegen andere Akteur durchzusetzen wusste.

Direkt nach der Gründung der Ständeversammlung 1825 fanden die Sitzungen erst im Schloßgartensalon (heute Mühlberg 1A, Merseburg) statt. Die Abgeordneten, die sich hier zu ihren Sitzungen trafen, saßen um einen großen Tisch herum. Bereits seit dem zweiten Landtag im Jahre 1827 erhoben sich zunehmend Klagen seitens der Abgeordneten über die unzureichenden Bedingungen ihrer Arbeit. Mit dem Umzug 1837 ins nahe gelegene Zechsche Palais (Oberaltenburg 4, Merseburg) standen den Ständevertretern wenigstens ein ordentlicher Plenarsaal und Tagungsräume für Ausschüsse zur Verfügung, aber das Gebäude stand dem Landtag nur zeitweise zur Verfügung und wurde noch anderweitig vermietet. Erst ab 1841 konnte der Landtag durchsetzen, dass ihm das Gebäude ständig zur Verfügung stand. Der Bezug des zwischen 1892 und 1895 eigens für das Parlament errichteten Ständehauses unterstrich so auch die gewachsene Bedeutung und das Selbstbewusstsein des Landtags - wenn auch die Befugnisse nach wie vor beschränkt waren. Eine Demokratisierung des Provinziallandtags kam mit der Novemberrevolution 1918/19 und der Weimarer Republik. Im Frühjahr 1921 wurde der Landtag in Merseburg zum ersten Mal mit dem allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrecht gewählt. Zwar änderte dies an den Zuständigkeiten kaum etwas. Unter der Weimarer Verfassung übten gewählte Vertreter des Provinziallandtags aber ein Mitspracherecht auf Länderebene im preußischen Staatsrat und auf Reichsebene im Reichsrat aus.

Ein ständig präsentes Thema in allen Landtagen war die geographische Zersplitterung der Provinz Sachsen und der mitteldeutschen Region. Vor allem im Licht der Industrialisierung wurde der politische Flickenteppich zunehmend als ein Problem wahrgenommen. Eine Neugliederung gelang zwar weder im Deutschen Bund noch im Kaiserreich oder unter der Weimarer Verfassung. Die Diskussionen, Problemdiagnosen und Neugliederungspläne waren aber wichtige Schritte auf dem Weg zum heutigen Land Sachsen-Anhalt und haben wesentlich dazu beigetragen, eine eigene Identität für das  gemeinsame Gebiet zu schaffen.

Adresse

Oberaltenburg 2
06217 Merseburg

Mehr zum Thema

Der Schloßgartensalon, das Zechsche Palais und das Ständehaus in Merseburg werden detailliert beschrieben im Projekt Historische Landtagsgebäude von Sachsen-Anhalt, zusammengestellt vom Landtag Sachsen-Anhalt.