Jörg Blobelt, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0

Frauenkirche

Dresden

Der Kirchenbau sowie der umgebende Neumarkt sind bis heute Schauplatz für Demonstrationen und Kundgebungen von Parteien und Verbänden unterschiedlichster politischer Couleur – und damit ein unverzichtbarer Ort der lokalen Demokratiegeschichte und eine Bühne zivilgesellschaftlichen Engagements, mal im fruchtbaren Dialog, mal im heftigen Streit.


Die Frauenkirche in Dresden (ursprünglich Kirche Unserer Lieben Frau)  ist eine evangelisch-lutherische Kirche des Barock und der prägende Monumentalbau des Dresdner Neumarkts. Sie gilt kunsthistorisch als prachtvolles Zeugnis des protestantischen Sakralbaus, besitzt eine der größten steinernen Kirchenkuppeln nördlich der Alpen und gilt als einer der größten Sandsteinbauten der Welt. Die Kirche wurde von 1726 bis 1743 nach einem Entwurf des Hofbaumeisters George Bähr erbaut und zu einem Emblem sowohl des Dresdner Barocks wie auch der berühmten Stadtsilhouette. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden ihre wichtigsten tragenden Teile während der Luftangriffe auf Dresden in der Nacht vom 13. zum 14. Februar 1945 durch die Hitze des in Dresden wütenden Feuersturms so geschwächt, dass sie am Vormittag des 15. Februar ausgebrannt in sich zusammenbrach.

In der DDR blieb die Ruine erhalten und 1966 von der DDR-Staatsführung offiziell zum Antikriegsdenkmal erklärt. Ab 1982 fanden sich dort aber auch vor allem am Jahrestag der Bombardierung BürgerInnen Dresdens zum stillen Gedenken, zu Gebet und Gesang zusammen, wobei sich zunehmend auch die Unzufriedenheit mit den politischen, sozialen und ökonomischen Verhältnissen in der DDR artikulierte. Neben dem mehrfach baulich und memorialkulturell aus- und umgestalteten Heidefriedhof, der seit 1950 zu einem der wichtigsten Gedenkorte an die Dresdner Luftkriegstoten und die Bombardierung der Stadt geworden war, gewann der Neumarkt um die Frauenkirche, über Jahrzehnte eine Brache inmitten der Stadt, besondere Bedeutung für das offizielle und informelle Selbstbild vom „Elbflorenz“ als angeblich „unschuldiger“ „Kulturstadt“, die kurz vor Kriegsende „vollkommen sinnlos“ zerstört worden sei. Die Friedensmahnung an der Ruine und das „stille Gedenken“ an die Toten stand in scharfem Kontrast zur offiziellen erinnerungspolitischen Instrumentalisierung des Bombenangriffs durch die politisch Verantwortlichen in Stadt und Land. In den Debatten um die Interpretation des 13. Februar 1945 und dessen Stellenwert im kollektiven Gedächtnis Dresdens artikulierte sich bereits vor 1989 ein bürgerliches Selbstbewusstsein, das sich nach der Friedlichen Revolution weiter entfalten konnte. Konsensuell war das Gedenken an den, vielfach überzeichneten, „Untergang“ Dresdens nie – gerade im Streit um ein angemessenes Geschichtsbild aber gewann das demokratische Selbstverständnis der Stadtgesellschaft Kontur.

Frauenkirche und Neumarkt wurden nach 1989 allmählich zur wichtigsten Bühne solcher Debatten, des öffentlichen Gedenkens und der Mahnung zum Frieden. Zusammen mit diversen Prominenten startete der Denkmalpfleger Hans Nadler am 13. Februar 1990 den "Ruf aus Dresden". Er warb weltweit um Hilfe für den Wiederaufbau der Kirche als "europäisches Haus des Friedens". Anfang 1993 begann die Beräumung der Trümmer, 1994 der Wiederaufbau der Frauenkirche. Von den am Ende 180 Millionen Euro Gesamtkosten waren 115 Millionen Euro durch Spender aus aller Welt aufgebracht. Am 30. Oktober 2005 fand in der Frauenkirche ein Weihegottesdienst und Festakt statt. Aus der Ruine wurde nun ein Symbol für Frieden und Versöhnung. Die Leerstelle Frauenkirche entwickelte sich somit zum Lernort in demokratischer Absicht – der Ausgang dieses kollektiven Lernprozesses aber ist weiterhin offen.

In Zusammenarbeit mit: Justus H. Ulbricht


zum Ort: Stiftung Frauenkirche Dresden

Adresse

Neumarkt
01067 Dresden