Museum Bauernkrieg im Württemberg-Haus Beutelsbach
Im Aufstand des „Armen Konrad“ 1514 hatten die Untertanen zum ersten Mal das Gefühl, dass Protestaktionen gegen Maßnahmen „von oben“ erfolgreich sein können. So entstand eine massenhafte Aufstandsbewegung, die ihren Unmut artikulierte und politische Teilhabe einforderte.
1514 führte der Herzog von Württemberg eine neue Verbrauchssteuer ein. Daran entzündete sich in Beutelsbach öffentlicher Protest, der sich schnell ausbreitete. Die Aktionen waren so erfolgreich, dass der Herzog sich gezwungen sah, die Steuer zurückzunehmen. Dennoch oder gerade deshalb ging der Protest weiter: Zum ersten Mal machte der „gemeine Mann“ in Württemberg die Erfahrung, dass Protest und „ziviler Ungehorsam“ zu einem bedeutenden Erfolg gegenüber der Obrigkeit führen können. Fast im ganzen Herzogtum formierte sich die geheimbündlerisch und ständeübergreifend organisierte Aufstandsbewegung des „Armen Konrad“. Auf sogenannten „Ratschlägen“ entschieden die Mitglieder demokratisch über das gemeinsame Vorgehen.
Mit dem Herzog vereinbarten sie die schriftliche Erfassung der Beschwerden in der Bevölkerung, die auch in fast allen württembergischen Ämtern durchgeführt wurde. Dies kann man als erste „Bürgerbefragung“ in einem der großen Territorialstaaten des Heiligen Römischen Reiches sehen. Die Beschwerden sollten im Landtag vorgetragen werden – auch dies ein absolutes Novum, denn dort waren bislang nur Adel, Prälaten und die (tonangebende) Führungselite der Amtsstädte, nicht aber der „gemeine Mann“ vertreten. Die Aufständischen fordern nun auch dauerhaft politische Mitbestimmung.
Eine wichtige Folge des „Armen Konrad“ war der Tübinger Vertrag vom 8. Juli 1514. Dieser brachte zwar für die konkreten Forderungen der Aufständischen nichts, erweiterte aber die politischen Mitbestimmungsrechte des Landtags gegenüber dem Herzog und kodifizierte erstmals die Grundrechte auf Freizügigkeit und ordentliche Gerichtsverfahren für die gesamte Bevölkerung in einem quasi Verfassungsrang einnehmenden Vertragstext.
Das Museum Bauernkrieg erinnert an diesen erstaunlichen Aufstand im frühen 16. Jahrhundert. Ganz besonders geht es dabei um die Bedeutung des „Armen Konrad“ für spätere Freiheits- und Demokratiebewegungen in Deutschland. Dazu werden Protestformen und Freiheitsparolen von 1514 bis in die jüngste Gegenwart präsentiert.
In Zusammenarbeit mit: B. Breyvogel