Orangerie
Von 1848 bis 1859 tagte im Schloss und in der Orangerie der Landtag von Anhalt-Bernburg. Hier wurde im Oktober 1848 eine wegweisende demokratische Verfassung verabschiedet, die aber auf preußischen Druck nie in Kraft treten konnte.
Im Herzogtum Anhalt-Bernburg war es in den ersten Märztagen zu keinen revolutionären Volksaktionen oder Forderungen gekommen. Da der Bernburger Herzog Alexander Carl regierungsunfähig war, führte für ihn ein "Geheimer Konferenzrat" die Regierung. Dieser Geheime Konferenzrat war am 14. März 1848 angesichts der revolutionären Ereignisse in den anderen anhaltischen Staaten und in Preußen mit einer herzoglichen Proklamation an die Öffentlichkeit getreten. Darin wurde erklärt, dass die Regierung gewillt sei, auf Veränderungswünsche der Bürger einzugehen. Im Zentrum der nunmehr von politischen Klubs, Vereinen und anderen bürgerlichen Gruppierungen an die Regierung gestellten Forderungen stand die Konstituierung eines aus freien Wahlen hervorgehenden Landtages für den Kleinstaat, dem die Aufgabe zufallen sollte, eine Verfassung für das Herzogtum zu beschließen. Die Bernburger Regierung verfolgte gegenüber den Forderungen der Bevölkerung und ihrer Repräsentanten eine merkwürdige Politik der Zugeständnisse und der folgenden Passivität bei der Ausführung. So verschob der Konferenzrat die Einberufung der verfassunggebenden Landesversammlung, sodass erst Anfang Mai 1848 die Wahlen stattfanden. Die Wahlen waren allgemein und direkt (Männerwahlrecht). Danach wurden 24 Abgeordnete für den verfassunggebenden Landtag des Herzogtums Anhalt-Bernburg gewählt. Im Landtag hatten demokratische Vertreter eine klare Mehrheit. Er wurde am 8. Mai 1848 im Grünen Saal des Bernburger Schlosses eröffnet.
Am 31. Juli wurde der Landtag einberufen, um einen Verfassungsentwurf der Regierung für das Herzogtum zu beraten. Er tagte jetzt in der Orangerie des Bernburger Schlosses. Der Sitzungssaal befand sich in dem später abgetragenen Obergeschoss. Eine große Mehrheit im Landtag wies den Entwurf als unzureichend zurück. Die Regierung zögerte jedoch die Vorlage einer neuen Verfassung hinaus.
Am 13. Oktober hatte der Landtag genug. Die weiter taktierenden und inaktiven Regierungsmitglieder wurden im Parlament mit Stöcken bedroht worden. Das Staatsministerium wurde per Misstrauensantrag abgesetzt und der Landtag selbst übernahm die Regierungsgewalt als Parlamentsregierung. Im Oktober 1848 bekam so der Kleinstaat Anhalt-Bernburg auch eine von liberalen Politikern dominierte Regierung. Am 31. Oktober 1848 wurde die Verfassung für das Herzogtum Anhalt-Bernburg verabschiedet, die zu den herausragenden Leistungen der deutschen Verfassungsgeschichte des 19. Jahrhunderts gehört. Sie begründete eine parlamentarische Monarchie in Anhalt-Bernburg mit weitgehenden demokratischen Rechten des Parlaments und des Volkes. Unter anderem wurde damit erstmalig in Deutschland das parlamentarische Misstrauensvotum mit einfacher Mehrheit eingeführt. Sie trat freilich nie in Kraft. Zwischen Dezember 1848 und Februar 1850 wurden auf preußischen Druck mehrere Verfassungen oktroyiert, die systematisch die Rechte der Bevölkerung zurücknahmen. Der Landtag von Anhalt-Bernburg tagte noch bis 1859 weiter, hatte aber längst jegliche politische Bedeutung verloren.
zum Ort: Museum Schloss Bernburg
Schloss Köthen