Villa Rothschild, Königstein im Taunus
Im späten 19. Jahrhundert von der Familie Rothschild als Sommerresidenz erbaut, diente das Gebäude von 1948 bis 1950 als Tagungshaus von Gremien des Vereinigten Wirtschaftsgebiets und der westdeutschen Ministerpräsidenten. Aus dieser Zeit stammt der Name „Haus der Länder“.
Bei der Verabschiedung des Grundgesetzes und der Gründung der Bundesrepublik Deutschland spielten die elf Länder der Westzonen eine sehr wichtige Rolle. Neben den offiziellen Treffen der Ministerpräsidenten im Hotel Rittersturz in Koblenz und auf dem Jagdschloss Niederwald bei Rüdesheim gab es auch viele informelle Treffen und regelmäßig tagende Gremien, die wichtige Entscheidungen vorbereiteten oder halfen, festgefahrene Situationen zu lösen. Viele dieser kaum bekannten Treffen fanden im „Haus der Länder“ in Königstein statt.
Die Villa Rothschild hatte den Zweiten Weltkrieg unbeschädigt überstanden. Sie wurde auch wegen ihrer Lage gerne als „Haus der Länder“ genutzt: zwar in der Nähe von Frankfurt und damit der amerikanischen Militärregierung, aber gleichzeitig außerhalb am Rande einer kleinen Stadt. In Königstein tagten der Länderrat, sein Finanzausschuss, die Ministerpräsidenten der westlichen Besatzungszonen und später der Bundesrepublik, verschiedene Fachministergruppen, ein Überleitungsausschuss nach der Verkündung des Grundgesetzes und mehrere Sachverständigengruppen. Hier berieten sich die Ministerpräsidenten regelmäßig vor ihren Treffen mit den Militärgouverneuren in Frankfurt.
Nachdem der Parlamentarische Rat in Bonn am 1. September 1948 seine Arbeit aufgenommen hatte, verzichteten die Ministerpräsidenten darauf, seine Arbeit zu kommentieren; schließlich hatten sie keine formale Funktion in der Verfassungsgebung. Umso bemerkenswerter war es, wenn sie von diesem Prinzip abwichen. Im März 1949 waren die Verhandlungen zwischen dem Parlamentarischen Rat und den Militärgouverneuren ins Stocken geraten. Sogar ein Scheitern des Grundgesetzes schien vorstellbar. In dieser Situation unterstützten die Ministerpräsidenten bei ihrer Konferenz am 23./24. März 1949 in Königstein den Parlamentarischen Rat in Fragen der Finanzverfassung, des Wahlgesetzes und der Verfahren zur Verabschiedung des Grundgesetzes den Rücken. Sie betonten, dass sie in den Frankfurter Dokumenten dazu ermächtigt worden waren, den Parlamentarischen Rat als verfassungsgebende Versammlung einzusetzen.
Die Stellungnahme der Ländervertreter zeigte Wirkung: Zwei Monate später waren die strittigen Fragen zwischen dem Parlamentarischen Rat und der Militärregierung geklärt. Zwischen dem 18. und 21. Mai 1949 verabschiedeten die westdeutschen Landesparlamente das Grundgesetz. Ob das „Haus der Länder“ deswegen den Titel „Wiege der Republik“ oder „Wiege des Grundgesetzes“ verdient, mag eine offene Frage sein. Ein wichtiger Beitrag zur Verabschiedung des Grundgesetzes war es aber auf jeden Fall.
Als Bonn zur Hauptstadt erklärt wurde und die meisten Ministerien und Gremien dorthin umzogen, verlor das „Haus der Länder“ an Bedeutung. Seit den frühen 1950er Jahren wird das Haus als exklusives Hotel genutzt und trägt seit 2007 wieder seinen ursprünglichen Namen „Villa Rothschild“.
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