Am 6. August 1950 stürmten 300 Studierende und junge Erwachsene aus neun verschiedenen Ländern friedlich die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich bei Weißenburg. Symbolisch zerstörten sie die Zollschranken und demonstrierten für ein föderatives Europa ohne Binnengrenzen.
Offene Grenzen und eine europäische Union Anfang der 1950er Jahre? Noch lange nicht! Was völkerrechtlich erst Jahre oder Jahrzehnte später realisiert wurde, forderten Einige bereits im August 1950. Lange vor der Gründung der Europäischen Union sorgte eine Aktion an der deutsch-französischen Grenze für Aufruhr.
Im kleinen deutsch-französischen Grenzort St. Germanshof (in der Nähe der deutschen Gemeinde Bobenthal und der französischen Stadt Weißenburg) trafen sich am 6. August 1950 300 junge Menschen und Studierende aus neun verschiedenen europäischen Nationen. Sie zersägten dort die Grenzbäume und Grenzpfähle und besetzten den Ort. Mit Plakaten wie „Sie kommen aus Europa. Sie bleiben in Europa“ forderten sie die Öffnung der Grenzen und ein geeintes Europa. In einer Resolution prangerten sie das Zaudern und Zögern der Politiker hinsichtlich der Bildung einer europäischen Union an und verlangten endlich Taten. In der Proklamation „Europa ist Gegenwart“ formulierte die Gruppe zehn Forderungen, zum Beispiel die Bildung eines europäischen Parlaments. Auf der Wiese bei der Zollstation wurde diese Proklamation feierlich auf Deutsch, Französisch und Englisch verlesen.
In der Bevölkerung weiß heute kaum jemand um die Ereignisse aus dem Sommer 1950. Doch der friedliche Protest und der Einsatz junger Menschen aus unterschiedlichen Ländern für offene Grenzen und eine europäische Einheit stehen repräsentativ für ein wichtiges positives Bekenntnis für Europa.