Vom Chauvinisten zum Träger des Friedensnobelpreises
Gustav Stresemann
10.05.1878 - 03.10.1929
Mit seinem zunächst zögerlichen, dann vorbehaltslosen Eintreten für die Weimarer Demokratie verkörpert Gustav Stresemann bis heute die Idee des Vernunftrepublikanismus. Dabei war er als kurzzeitiger Reichskanzler und langjähriger Außenminister eine der prägendsten Gestalten der Weimarer Republik.
Gustav Stresemann wuchs in einem kleinbürgerlichen Elternhaus im Osten Berlins auf, der väterliche Bierhandel brachte ihm erste Einblicke in die Handels- und Unternehmenswelt. Nach einem Studium der Nationalökonomie, währenddessen er sich Friedrich Naumanns Nationalsozialem Verein anschloss, arbeitete Stresemann als Industrievorstand unterschiedlicher Konsortien in Sachsen. 1907 zog er mit gerade einmal 29 Jahren für die Nationalliberale Partei in den Reichstag ein. Hier wie als Industrievorstand bemühte er sich früh um eine Annäherung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, die mithilfe gemeinsamer sozialpolitischer Maßnahmen beiden Seiten dienen sollte. Damit vertrat er innenpolitisch sozialliberale Ansichten, während er nach außen ein imperialistisches Bild deutscher Großmacht propagierte. Im Ersten Weltkrieg schlug sich diese Haltung in Stresemanns Forderungen nach umfassenden Annexionen und der Expansion Deutschlands nieder. Auch wenn er die neu entstandene Weimarer Verfassung und den Versailler Vertrag zunächst nicht hinnehmen wollte, wandelte er sich Anfang der 1920er Jahre zum Anhänger der neuen Republik und setzte in der von ihm 1918 gegründeten Deutschen Volkspartei (DVP) eine konstruktive Linie durch. Auf dem Höhepunkt der Inflationskrise wurde er im August 1923 von Friedrich Ebert zum Reichskanzler ernannt und übernahm auch das Ressort des Außenministers.
Als Reichskanzler trug er mit einer Währungsreform und der Beilegung des sogenannten Ruhrkampfes zur zwischenzeitlichen Stabilisierung der Weimarer Republik bei, er musste jedoch über innenpolitische Unruhen bereits nach 100 Tagen sein Amt räumen. Weiterhin Außenminister, erzielte Stresemann wichtige politische Erfolge. So erreichte er mit einer Politik der Annäherung eine relative Entspannung der europäischen Beziehungen, besonders zu Frankreich, etwa mit dem Vertrag von Locarno 1925. Gemeinsam mit seinem französischen Kollegen Aristide Briand erhielt er dafür 1926 den Friedensnobelpreis. Im gleichen Jahr erreichte er auch die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund. Stresemanns Ziel war eine gleichberechtige Stellung Deutschlands als Großmacht, die über den friedlichen Weg erreicht werden sollte. Sein überraschender Tod, wenige Wochen vor dem Beginn der Weltwirtschaftskrise, beendete für viele eine Phase außenpolitischer Entspannung. Sein Engagement gilt bis heute als Symbol der "Goldenen Zwanziger Jahre".
Friedrich Naumann
Der evangelische Pfarrer Friedrich Naumann begründete mit seiner Idee eines sozialen Liberalismus eine moderne Alternative zwischen klassischem Liberalismus und Sozialdemokratie und ermöglichte damit eine breite liberale Sammelbewegung im Jahrzehnt vor dem Ersten Weltkrieg. In seiner Programmatik verbanden sich dabei Aufbruchsmomente von politischer Teilhabe, Sozialstaat und Gleichberechtigung mit Elementen eines wilhelminischen, imperialen Deutschlands.
Katharina von Kardorff-Oheimb
Einst als "Zierde des Parlaments" bezeichnet, verstand es die Unternehmerin Katharina von Kardorff-Oheimb auf außergewöhnliche Weise, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Nicht nur durch ihre Tätigkeit für die Deutsche Volkspartei (DVP), sondern auch durch Fortbildungen, Publikationen und das politische Netzwerken in ihrem Berliner Salon setzte sie sich für Gleichberechtigung und gleiche Chancen in der Gesellschaft ein.