Bundesarchiv / B 145 Bild-00001376 / Bundesregierung / Engelbert Reineke

Demokrat zwischen Opportunismus und Überzeugung

Theodor Eschenburg

24.10.1904 - 10.07.1999

Bis heute bleibt der Politologe und Staatsrechtler Theodor Eschenburg in seiner Rolle für die Demokratie umstritten. Als einer der einflussreichsten politischen Intellektuellen der frühen Bundesrepublik bezog er immer wieder Position für die demokratische Ordnung und ihre Strukturen, gleichzeitig distanzierte er sich nie eindeutig von seiner nationalsozialistischen Vergangenheit. Damit symbolisiert er auch die Kontinuität "brauner" Eliten in der Bundesrepublik, die den demokratischen Wiederaufbau mitgestalteten.


Theodor Eschenburg entstammte einem alteingesessenen Lübecker Patriziergeschlecht. Nach einem Studium der Geschichte und Nationalökonomie arbeitete er zunächst als Mitarbeiter im Stab von Gustav Stresemann. Über den Kontakt zu Stresemann engagierte er sich auch selbst in der Deutschen Volkspartei (DVP), trat jedoch nach dem Rechtsruck der Partei 1930 der Deutschen Staatspartei bei. Im Juni 1933 wurde Eschenburg Anwärter der SS, in die er im März des nächsten Jahres vollwertig aufgenommen wurde. Eschenburg erklärte im Nachhinein seinen Beitritt als opportunistische Haltung; ob er die SS  - wie selbst dargestellt - nur wenige Monate später wieder verließ, ist unklar. Ebenso umstritten sind Eschenburgs Beteiligungen an Arisierungen, die er als Industrieprüfer durchführte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Eschenburg als Flüchtlingskommissar und Staatsrat in der Verwaltung des Landes Württemberg-Hohenzollern. Über den Kontakt zu Carlo Schmid wirkte er indirekt daran mit, das durch eine Klausel im Grundgesetz das Land Baden-Württemberg entstand. Akademisch kehrte Eschenburg zurück an seine alte Universität Tübingen. 1952 wurde er erster Direktor des neu gegründeten Instituts für Politikwissenschaften, dem ersten Seminar dieser Art in Deutschland. Bis zu seiner Emeritierung 1973, aber auch darüber hinaus, nahm Eschenburg immer wieder kommentierend Einfluss auf Debatten der Bundespolitik, durch eigene Veröffentlichungen sowie Kommentare in der Zeitung Die Zeit. In seinen Schriften bezog er jedoch bis zuletzt keine eindeutige Stellung zu seiner eigenen Rolle im Nationalsozialismus.

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