Bundesarchiv, B 145 Bild-F048808-0033 / Ulrich Wienke / Wikimedia Commons / CC-BY-SA 3.0 / CC BY-SA 3.0 DE

Pragmatismus in turbulenten Zeiten

Helmut Schmidt

* 23.12.1918 in Hamburg † 10.11.2015 in Hamburg

Als pragmatischer, lösungsorientierter Politiker erwarb sich Helmut Schmidt in verschiedenen Ämtern den Ruf als Krisenmanager. In seine Kanzlerschaft fielen Bewährungsmomente der Demokratie und des Rechtsstaats unter der Bedrohung des RAF-Terrorismus, aber auch neue Entfaltungsmöglichkeiten durch den Aufstieg der neuen sozialen Bewegungen. Dabei verstand Schmidt das demokratische Prinzip immer auch als notwendigen Aushandlungsprozess, an dem er sich nach seiner Amtszeit als politischer Kommentator weiter beteiligte.


Helmut Schmidt wuchs in Hamburg in kleinbürgerlichen Verhältnissen auf, nach dem Abitur und einem sechsmonatigen Reichsarbeitsdienst begann er einen zweijährigen Wehrdienst. Als Soldat im Zweiten Weltkrieg meldete er sich 1941 freiwillig für einen Einsatz an der Ostfront, im Anschluss arbeitete er für das Reichsluftfahrtministerium und unterrichtete vor allem an Kriegsschulen für die leichte Flak-Waffe. Dabei war er an unterschiedlichen Orten, u.a. Berlin, stationiert. Nach dem Zweiten Weltkrieg studierte Schmidt Volkswirtschaft und Staatswissenschaft an der Universität Hamburg, daneben schloss er sich dem Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) und 1946 der SPD an. Ab 1953 saß Schmidt im Bundestag, hier profilierte er sich als Sicherheits- und Rüstungsexperte, positionierte sich aber ebenso zu Fragen von Wirtschaft und Infrastruktur sowie zu außenpolitischen Themen.

Im Dezember 1961 wurde Helmut Schmidt in Hamburg Polizeisenator, später Innensenator. In diesem Amt erreichte er bereits wenige Monate darauf bundesweite Bekanntheit, als er sich in der Sturmflut vom Februar 1962 als Krisenmanager bewährte. Unter seiner Leitung konnten innerhalb weniger Stunden rund 40.000 Helfer mobilisiert und koordiniert werden. 1965 kehrte er zurück in den Bundestag und führte dort nach dem Tod Fritz Erlers 1967 die SPD-Fraktion, bevor er 1969 unter Willy Brandt Verteidigungsminister wurde. In dieser Rolle führte er Bestrebungen zur Reform der Bundeswehr, aber auch Ansätze zur Ost- und Entspannungspolitik fort, die er in den Jahren zuvor gefordert hatte. Nach dem Rücktritt Willy Brandts 1974 regierte Schmidt für acht Jahre als Bundeskanzler. Innenpolitische Herausforderungen wie die terroristischen Anschläge der RAF oder die Diskussion um den NATO-Doppelbeschluss prägten seine Amtszeit und provozierten zahlreiche Debatten zu den Grenzen demokratischen Widerspruchs. Gleichzeitig führte er die sozialliberalen Reformen, die unter Brandt angestoßen worden waren, fort. Außenpolitisch verfolgte Schmidt, auch angesichts von Öl- , Währungs- und schwerer globaler Wirtschaftskrisen, internationale Kooperationen zur Bewältigung dieser Krisen. In einer gemeinsamen Initiative mit Frankreichs Präsidenten Giscard D'Estaing begründete erv1978/79 das Europäische Währungssystem (EWS), ebenso gehen auf diese Zusammenarbeit die ersten Weltwirtschaftsgipfel zurück.

Nach dem Ende seiner Kanzlerschaft 1982 wurde Schmidt politischer Kommentator. Unter anderem durch Beiträge in der von ihm mit herausgegebenen Zeit kommentierte er bis ins hohe Alter das politische wie gesellschaftliche Zeitgeschehen.

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