Mit seiner Veröffentlichung "Die Alternative" (1977) kritisierte Rudolf Bahro die reale Umsetzung des Sozialismus und die aktuellen Zustände in der DDR und provozierte damit eine Diskussion in Ost- wie Westdeutschland. Bis heute gilt er aber auch als einer der umstrittensten ehemaligen DDR-Dissidenten, da er auf der Suche nach alternativen Wirtschafts- und Sozialordnungen immer wieder auch den Rahmen der Demokratie infragestellte.
1935 geboren, betätigte sich Rudolf Bahro zunächst als Journalist und politischer Funktionär in verschiedenen Bereichen und war seit 1954 Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED). In seinen frühen Berufsjahren gab es aber auch immer wieder Momente, in denen er auf Distanz zur DDR-Regierung ging, etwa während der Volksaufstände in Polen und Ungarn im Juli 1956. Gleichzeitig veröffentlichte Bahro verschiedene Artikel, die zu politischen wie gesellschaftlichen Reformen anregen sollten. Das Ministerium für Staatsicherheit (MfS) quittierte seine Kritik mit Überwachung und beruflicher Einschränkung. Über die Ereignisse des Prager Frühlings 1968 wandte sich Bahro schließlich von der SED ab, vollzog seinen Bruch jedoch nicht offen. Über ein Dissertationsvorhaben wurde das MfS schließlich auf die ersten Entwürfe zu einer Studie Bahros aufmerksam, die 1977 unter dem Titel Die Alternative bekannt wurde. In diesem Buch untersuchte Bahro kritisch die ideologischen Ursprünge des Sozialismus und seine reale Umsetzung und forderte eine neue Gesellschaftsordnung, die mehr Menschen Teilhabe und Gleichstellung ermöglichen sollte.
Als das Buch im August 1977 in Auszügen im Westen erschien, wurde Bahro wenig später verhaftet und zu acht Jahren Freiheitsentzug verurteilt. Die Alternative war zu diesem Zeitpunkt bereits derart breit rezipiert worden, dass Proteste aus West- wie Ostdeutschland mit zu Bahros Freilassung 1979 mit anschließender Abschiebung in den Westen führten. Hier engagierte er sich als Politiker bei den Grünen und in der Friedensbewegung, in der er neben sozialistischen auch wertkonservative und spirituelle Positionen einzubringen suchte. Letztlich scheiterte er mit seinen Ideen einer grundlegenden politischen Veränderung in der Partei – 1985 trat er aus den Grünen aus – ebenso wie in der Umbruchsphase der Wiedervereinigung. Nach der Wende isolierte sich Bahro weiter über radikale Ideen einer spirituell-ökologischen Überwindung der Industriegesellschaft; eine Position, die er bereits 1987 mit dem Buch Logik der Rettung postuliert hatte.