Die radikale Staatsbürgerin
Minna Cauer
* 01.11.1841 in Freyenstein † 03.08.1922 in Berlin
Als Rednerin und Publizistin ging sie mit dem Verband Fortschrittlicher Frauenvereine in die Offensive – wie wenige andere steht der Name Minna Cauers für die radikale Seite der Frauenbewegung im Kaiserreich. Denn für Cauer endete Frauenpolitik nicht in sozialen Verbesserungen für Frauen und Mädchen. Ihr Ziel war die Anerkennung der Frau als vollkommen gleichberechtigte Staatsbürgerin.
Minna Cauer wurde 1841 als Minna Schelle im brandenburgischen Freyenstein geboren. Ihre Herkunft aus einem Pfarrhaushalt ging mit einer umfangreichen Schulbildung einher. Wenige Jahre nach ihrer Heirat starben Ehemann und Kind, weshalb die junge Frau ihr Lehrerinnenexamen nachholte und allein vom Land zunächst in die große Stadt Paris zog.
1869 lernte sie ihren zweiten Mann Eduard Cauer kennen – eine Partnerschaft, die ihr intensive Studien und Lektüren ermöglichte. Ab 1876 lebte das Paar in Berlin und nahm in der Gesellschaft liberaler Politiker an den Auseinandersetzungen über moderne Pädagogik und die Reform der Volksbildung teil. Noch zeigte Minna Cauer kein Interesse an politischen Frauenfragen. 1881 starb auch Cauers zweiter Ehemann. Sie zog allein nach Dresden und begann dort historische Forschungen zur Frauengeschichte. Diese Arbeit, die Erfahrung des Witwendaseins sowie die Lektüre zeitgenössischer Streitschriften öffneten Cauer die Augen dafür, „wie sklavenhaft, wie rechtlos, wie unwürdig“ die gesellschaftliche Rolle der Frau war.
Die Erkenntnis politisierte sie: 1888 kehrte Minna Cauer nach Berlin zurück und hob dort den Verein Frauenwohl mit aus der Taufe. Im Gegensatz zu älteren bürgerlichen Frauenorganisationen verstand Cauer ihre Gründung als politischen „Kampfverein“. Statt der mühevollen Sozialarbeit von Frauen für Frauen zielte der Verein auf die vollkommene Staatsbürgerschaft der Frau, die in allen Bereichen des sozialen, rechtlichen, politischen und ökonomischen Lebens gleichberechtigt sein sollte. Dazu verbreiteten die Vereinsangehörigen ihre Forderungen mit Veranstaltungen und Werbung, wozu etwa die seit 1895 herausgegebene Zeitschrift Die Frauenbewegung zählte. Auch war Minna Cauer überzeugt, dass die Solidarität aller Frauen für ihre politische Gleichstellung nötig war. Deshalb setzte sie auf eine Allianz mit der Sozialdemokratie und unterstützte Streikaktionen oder gemeinsame Kundgebungen, was für die bürgerlichen Vereine undenkbar war.
Minna Cauer schrieb selbst, hielt Vorträge, zog vor Gericht – und gründete 1899 den Verein Fortschrittlicher Frauenvereine mit, der eine Alternative zum „unpolitischen“ Bund Deutscher Frauenvereine sein sollte. Damit stand sie endgültig im Zentrum gesellschaftsverändernder („radikaler“) frauenpolitischer Organisationen, die sie mit einem Netzwerk, eigenen Medien und einem klar formulierten Ziel zur sozialen Bewegung machte. Diese rigorose Haltung brachte ihr viel Anerkennung, aber auch viel Kritik und Ablehnung ein.
Während des Ersten Weltkriegs wird Minna Cauer zur Pazifistin, nachdem sie zunächst unterstützende patriotische Artikel verfasst hatte. Die Bedingungen des Versailler Vertrags kritisierte sie jedoch, weil sie darin keine Grundlage für einen wirklichen Frieden sah. 1918, kurz vor ihrem Tod, wurde ihre Vision einer politischen Gleichberechtigung der Frau Wirklichkeit.
Helene Lange und Gertrud Bäumer
Helene Lange und Getrud Bäumer vertraten den gemäßigten Flügel der Frauenbewegung; sie setzten sich vor allem für gleichberechtigende Bildungschancen sowie eine rechtliche Gleichstellung im Ehe- und Familienrecht ein.
Auguste Schmidt
„Wir verlangen nur, daß die Arena der Arbeit auch für uns und unsere Schwestern geöffnet werde.“ Kein Satz erfasst das Wirken Auguste Schmidts besser. Als rechte Hand und Nachfolgerin Louise Otto-Peters steht ihr Name für das Streben nach weiblicher Teilhabe und Emanzipation im bürgerlichen Erwerbsleben des 19. Jahrhunderts über die Möglichkeiten von Bildung und Arbeit.
Anita Augspurg und Lida G. Heymann
Anita Augspurg und Lida Gustava Heymann zählen bis heute zu den bedeutendsten Vorkämpferinnen der deutschen Frauenbewegung. Dabei umfasste ihr Engagement verschiedene Wirkungs- und Lebensräume und stellte damit die Frage nach weiblicher Gleichstellung auch in anderen Zusammenhängen. Während sich aus den Überlieferungen kein eindeutiger Beleg einer Liebesbeziehung zwischen beiden ableiten lässt, so war doch ihre Partnerschaft eine wegweisende Alternative zu den zeitgenössischen familiären Rollenbildern.