Bonns streitbarster Liberaler
Thomas Dehler
* 14.12.1897 in Lichtenfels † 21.7.1967 in Streitberg
Mit einer rigorosen liberalen Haltung, die wenig auf politische Opportunität Rücksicht nahm, präsentierte Thomas Dehler einen auch für die junge Bundesrepublik ungewöhnlichen Politikertypus. Als Mitglied des Parlamentarischen Rats und Bundesjustizminister unter Konrad Adenauer gestaltete er den demokratischen Wiederaufbau und den Ausbau des Rechtsstaats maßgeblich mit.
Thomas Dehlers politische Haltung wurde besonders in den Novemberunruhen am Ende des Ersten Weltkriegs geprägt. Als Jurastudent erlebte er unmittelbar die Ereignisse der Münchner Räterepublik und entwickelte daraus eine Position, in der die Bewahrung der individuellen Freiheit und der Kampf gegen den „Sozialismus“ oberstes Gebot waren. In der Weimarer Republik schloss er sich der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP) an. Weil Dehler mit einer Jüdin verheiratet war und immer wieder als Anwalt jüdische Bürgerinnen und Bürger verteidigte, wurde er von den Nationalsozialisten in den 1930er Jahren diffamiert und angegriffen. Er selbst hielt Kontakte zu verschiedenen Widerstandskreisen und wurde dafür 1944 interniert.
Unmittelbar nach dem Krieg etablierte sich Dehler als Experte in juristischen Fragen nicht nur als Generalstaatsanwalt und Präsident des Oberlandesgerichts Bambergs, sondern auch als zentrales Mitglied verschiedener Ausschüsse des Parlamentarischen Rats. In dieser Rolle verhandelte er über die Ausarbeitungen des Grundgesetzes mit den Alliierten, als einer von drei Mitgliedern des Redaktionsausschusses kam ihm zudem bei der Ausfertigung des Werkes noch einmal entscheidende Bedeutung zu. Daneben hatte er die FDP in Bayern mitaufgebaut und gehörte seit 1949 dem Bundestag an. Als Justizminister in das Kabinett Konrad Adenauers geholt, war neben dem Aufbau eines neuen Justizapparates die „Bewältigung“ der NS-Vergangenheit ein zentrales Thema seiner Amtszeit. Hier vertrat Dehler eine eher liberale Linie, die Amnestien und Rehabilitierung für NS-Belastete nicht ablehnte. Vehement und erfolgreich widersetzte er sich aber auch einer Wiedereinführung der Todesstrafe.
In politischen Auseinandersetzungen war daneben seine unangepasste, streitbare Haltung von politischen Gegnern wie Freunden gefürchtet. Wegen Vorbehalten gegen Dehler von Seiten der CSU und Bundespräsident Theodor Heuss holte Adenauer ihn 1953 nicht für eine zweite Amtszeit in sein Kabinett. Mit seinem vormaligen Koalitionspartner stritt sich Dehler fortan öffentlichkeitswirksam über die Frage nationaler Einheit oder die Westbindung. Er war weiter Mitglied des Bundestags und von 1960 bis 1967 Bundestagsvizepräsident. Dehler blieb weiterhin ein „unbequemer Liberaler“, der vor allem in der Frage der deutschen Wiedervereinigung nach neuen Lösungen suchte und eigene Wege ging, u. a. in Form eines Besuches beim sowjetischen Machthaber Nikita Chruschtschow in Moskau.
Bayerischer Landtag
Ministerpräsident Ehard hatte 1949 vor dem Zentralismus des Grundgesetzes gewarnt. Der Bayerische Landtag lehnte dann als einziger in der Bundesrepublik hier dessen Annahme ab, bestätigte aber in der gleichen Sitzung das Prinzip, dass Minderheiten die Entscheidung der Mehrheit akzeptieren.
Bundeshaus Bonn
Von 1949 bis 1999 tagten hier Bundestag und Bundesrat am selben Ort. Damit waren diejenigen zwei Verfassungsorgane vereint, die auch bei der Gesetzgebung eng zusammenwirken. Der 1992 neu errichtete Plenarsaal kann besichtigt werden.
Museum Koenig Bonn
Mit den Worten “einen Bau zu errichten, der am Ende ein gutes Haus für alle Deutschen werden soll,” leitete am 1. September 1948 Karl Arnold die Eröffnungsfeier des Parlamentarischen Rates im heutigen Museum ein – dem einzigen unbeschädigten repräsentativen Gebäude der Stadt.