Im Oktober 1969 bewarb Willy Brandt als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler sein neues Regierungsprogramm mit einem entscheidenden Aufruf: „Wir wollen mehr Demokratie wagen!“ Bis heute wird Willy Brandts demokratisches Schaffen mit diesem Aufruf unterstrichen. Ganz konkret bedeutete dies mehr Bürgerbeteiligung und Offenheit für politische Prozesse ebenso wie den Ausbau des Rechts- und Sozialstaates. Seine Forderung symbolisierte aber vor allem den Aufbruch, einen visionären Neuanfang, der die Kriegs- und Nachkriegsgeneration zu demokratischen Bürgern machen wollte.
Dabei spielte Brandts eigene Biographie eine wichtige Rolle. 1913 als Herbert Frahm in kleinbürgerlichen Verhältnissen geboren, betätigte sich Willy Brandt früh in sozialistischen Jugendbewegungen und emigrierte 1933, um aus dem norwegischen Exil den linksdemokratischen Widerstand gegen die Nationalsozialisten zu organisieren. Zu seinem eigenen Schutz nahm er in dieser Zeit den Decknamen Willy Brandt an. Anfang 1947 kehrte Brandt zunächst als Presseattaché der norwegischen Botschaft nach Berlin zurück, bevor er, nun als Sozialdemokrat, 1948 in die Politik einstieg. Mit diesem Schritt wollte er sich für die neu gewonnene Demokratie und den Frieden einsetzen, und „dabei [...] helfen, dass Deutschland nach Europa zurückgeführt wird“ (so Brandt im November 1947 an den norwegischen Außenminister Lange). Das Schicksal der geteilten Stadt blieb sein politischer Dreh- und Angelpunkt: Als Regierender Bürgermeister von (West-)Berlin und später als Bundeskanzler bemühte sich Brandt um eine Verbesserung der deutsch-deutschen Beziehungen ebenso wie um die internationale Völkerverständigung. Sein Kniefall in Warschau 1970 demonstrierte diesen Anspruch nach innen wie außen. Auch für diese Politik der Versöhnung erhielt Brandt den Friedensnobelpreis im Jahr darauf.
Ein konstruktives Misstrauensvotum gegen Brandts Regierung scheiterte 1972, stattdessen wurde er bei den vorgezogenen Neuwahlen im gleichen Jahr erneut zum Bundeskanzler gewählt. Nun zeigte sich sein erfolgreicher Aufruf zur Demokratisierung Deutschlands eindrucksvoll, mit 91% Wahlbeteiligung wählten so viele Menschen wie nie zuvor, bis heute ist es die höchste Beteiligung an einer Bundestagswahl. 1974 allerdings trat Brandt um die Spionage-Affäre um seinen engen Mitarbeiter Günther Guillaume zurück. Nach dem abrupten Ende seiner Kanzlerschaft blieb Willy Brandt einflussreicher SPD-Parteivorsitzender und Demokrat, engagierte sich international für Abrüstung und Entwicklungshilfe und erlebte mit der Wiedervereinigung eine späte Genugtuung seiner frühen Annäherungspolitik an die DDR.
Willy-Brandt-Haus Lübeck
Das Willy-Brandt-Haus Lübeck ist der Ort für Zeitgeschichte in der Geburtsstadt des ersten sozialdemokratischen Bundeskanzlers und späteren Friedensnobelpreisträgers. Wie kaum ein anderer hat Willy Brandt die Bundesrepublik verändert und sich für Frieden und Freiheit in Europa und der Welt eingesetzt.
Rathaus Schöneberg
Seit 1950 erinnert am Sitzungsort des West-Berliner Stadtparlaments das tägliche Läuten der von BürgerInnen der USA und der US-amerikanischen Regierung gestifteten Freiheitsglocke an die Freiheit Berlins. Auch deshalb hielt 1963 John F. Kennedy auf dem Balkon seine berühmte Rede mit dem Bekenntnis “Ich bin ein Berliner.”
Bundeshaus Bonn
Von 1949 bis 1999 tagten hier Bundestag und Bundesrat am selben Ort. Damit waren diejenigen zwei Verfassungsorgane vereint, die auch bei der Gesetzgebung eng zusammenwirken. Der 1992 neu errichtete Plenarsaal kann besichtigt werden.
Forum Willy Brandt Berlin
Die Dauerausstellung erinnert an Leben und Wirken von Willy Brandt. Als erster sozialdemokratischer Bundeskanzler der Bonner Republik steht er für den friedlichen Machtwechsel in Demokratien. Mit dem Kniefall in Warschau gelang ihm ein wichtiger Impuls für die Neugestaltung des Verhältnisses zu den östlichen Nachbarn.